Samstag, 16. November 2013

Zwischenfazit

Da ich mittlerweile wieder gut im Rennen liege mit dem Berichten, schreibe ich mal ein Zwischenfazit. Nichts Besonderes, ich hätte den Post auch "Bla bla" nennen können oder "Was mir gerade durch den Kopf geht".

Ich bin nun 2 Monate in Südamerika unterwegs. Ich habe den Nordteil Argentiniens, sowie Teile von Bolivien gesehen. Jetzt bin ich in Lima, in der Hauptstadt von Peru.

Ich hatte anfangs wirklich Schwierigkeiten mich einzufügen. Nicht nur in die Kulturen und Sprache (die ich jetzt auch noch nicht gut beherrsche). Auch in den Reisalltag. Und Heimweh hatte ich wie Sau. Aber ich denke, dass das normal ist. Auf jeden Fall ist mir jetzt bewusst geworden, was den entscheidenden Unterschied zu einem 2-wöchigen Pauschalurlaub ausmacht. Nicht nur das Geld, das man verhältnismäßig wenig und gefühlt gar nicht ausgibt. Sondern vor allem das Lebensgefühl.  Erst nach 4 oder 5 Wochen änderte sich meine innere Haltung zu den Geschehnissen um mich herum. Also dann, wenn ein Normalurlauber lange wieder im Arbeitsalltag fest steckt. Ich fing an mich einfach Treiben zu lassen und zu akzeptieren. Sachen die passieren, passieren halt und das ist auch nicht schlimm. Das hat absolut nichts damit zu tuen, dass man gleichgültig wird. Ganz im Gegenteil. Man denkt viel mehr über bestimmte (wichtige) Sachen intensiv nach, weil man einfach die Zeit dafür hat und von nichts abgelenkt wird. Aber was ich nicht ändern kann, davon lasse ich mich nicht stressen. Ich weiß, dass sich das komisch anhört, und besser kann ich es auch nicht beschreiben, aber: Ich hab mich irgendwie mit meiner Vergangenheit ausgesöhnt und bin mit mir selbst im Reinen.

Die Filme (Erwartungshaltungen) im Kopf verschwinden. "Wenn ich das mache, dann passiert bestimmt Das und Das.." Dadurch verstärkt sich das Gefühl aus dem Bauch heraus, instinktiv richtige Entscheidungen zu treffen. Obwohl richtig nicht das richtige Wort ist. Es gibt immer noch eine zweite und dritte und vierte und fünfte zufriedenstellende Alternative. Mindestens. 
Es ist mir, zumindest hier, kaum möglich an Gestern und Morgen zu Denken. Ich lebe oft im Hier und Jetzt und das ist ein unbeschreiblich befreiendes Gefühl. An manchen Tagen, geht es rund um die Uhr so. Und trotzdem vergesse ich nicht zu Essen oder zu Schlafen oder Duschen zu gehen. Ich mache Sachen eher bewusster, als im Vergleich zu vor der Reise. Das kann ich in Kleinigkeiten des Alltags wiedererkennen. 

Ein Taschentuch ist nicht mehr nur ein Taschentuch. Wenn ich mal Schnupfen habe, und das kann im Hochland oft vorkommen, dann muss ich mit meinem Hab und Gut etwas sorgsamer umgehen. Nicht gleich in die Mitte rotzen, sondern schön jede Zeellstoffpore voll ausnutzen. Zur Not das Taschentuch Lufttrocknen, um es noch einmal benutzen zu können. Taschentücher sind hier unten in manchen Gegenden schwer zu bekommen, deshalb liest sich dieses Beispiel nur auf den ersten Blick absurd. In manchen Restaurants und Imbissbuden stehen deshalb Klopapierrollen auf dem Tisch, weil es keine Servietten gibt.
Da sind wir auch schon beim nächsten Thema. Klopapier darf in 9 von 10 Toiletten auf keinen Fall ins Klo getan werden, sondern wie Tampons in den Eimer daneben. Fragt nicht, wie viele Klos ich (gerade am Anfang) schon verstopft habe. :-)
Wäsche ist auch gutes Beispiel. Wenn man nicht dauernd seinen Rucksack neu umpacken will oder alle 3 Tage die Möglichkeit hat seine Sachen zu reinigen, sollte man auch da den Dreh für sich selber raus bekommen. Zum Beispiel spare ich mir schon wieder einmal mehr Wäsche, wenn ich auf langen Busfahrten keine frischen Klamotten anziehe. Danach ist man eh etwas verschwitzt und da kann ich mir die frische Schlüpper auch für die Disco sparen.
Wenn es sehr warm ist, so 28 Grad aufwärts, renne ich meist nur noch mit Badehose herum. Die kann ich zur Not auch unter Dusche noch waschen.
Noch ein Rat für alle die auch mal einen längeren Trip planen, wo wir doch beim Thema Wäsche sind: Plan dir soviel Wäsche ein, wie Du denkst zu brauchen. Wenn Du damit fertig bist, nimmst du die Hälfte weg. Das reicht völlig zu. Auch hier unten gibt es coole Shirts und Hemden, Socken, Mützen... Alles was das Herz begehrt. Und auch ich kann da nicht endlos dran vorbeilaufen, wenn man dann noch die Preise sieht. Ende der Fahnenstange: Ich schleppe viel Unnützes mit mir herum und habe auch schon Vieles einfach in Hostelzimmern gelassen und verschenkt.
Es gibt eigentlich nur ein paar Gegenstände, die ich wirklich ausnahmslos jeden Tag brauche. Das sind zum Einen Sonnencreme und -brille. Kamera, Handtuch, Kugelschreiber. Mehr fällt mir jetzt auch nach 2 Minuten Inne halten nicht ein. Sowas wie Taschenmesser und Kompass können sicherlich mal hilfreich sein, aber bis jetzt habe ich das nicht wirklich gebraucht. Wie gesagt, es gibt immer noch eine Hand voll anderer Möglichkeiten, um ein Problem zu lösen. Dann lieber noch ein Löffel aus dem nächsten Hostel zocken und immer am Start haben, um einen Joghurt auch mit etwas Würde essen zu können ;-) 


Was mir auch sehr gut an mir selber gefällt ist, dass ich Sachen jetzt liebe, die mir noch vor meiner Reise oder zu Beginn Angst bereitet haben. Ernsthaft. 
Ich liebe es früh morgens aufzustehen ohne zu wissen, wo ich abends ins Bett steigen werde. 
Ich bin total durch von der letzten Busfahrt und will eigentlich nur noch meine Ruhe. Es ist 22 Uhr. Ooops, ganz vergessen ein Hostel zu Buchen. Also auf die Suche, fertig, und los !
Ich werde sicherlich ausgeraubt oder entführt werden. - So ein Unsinn. In Ländern wie Peru oder Bolivien ist man 2 Köpfe größer als der Durchschnittsmann und das monatliche Einkommen liegt so knapp über 0, dass sich "bewaffnete Gangs" vielleicht nen 10er Pack Plastikmesser leisten können. Da passe ich eher vor Dieben auf, die man gar nicht erst wahrnimmt und ihr Handwerk still und heimlich durchziehen. 
Am Anfang war mir immer etwas komisch, wenn ich in Dorms (Mehrbettzimmer) übernachtet habe. Heute liebe ich es mit 7 oder 9 völlig Fremden Menschen in einem Raum zu schlafen. Klar, manchmal kann das auch etwas nervig sein. Zum Beispiel, wenn man selber erst Abend ankommt und am nächsten Morgen um 5 Uhr rum geraschelt wird, weil die nächsten schon wieder los müssen. Oder, wenn man richtige Säufer und Koksnasen im Raum hat. Aber das ist sehr selten der Fall, dass man nicht Schlafen kann und man darf nie vergessen, dass man auch manchmal der Letzte ist der von Party kommt und demzufolge etwas lauter ist. ;-) Außerdem überwiegen bis jetzt immer die positiven Erfahrungen, nämlich das, was man von den Menschen in Form ihrer Lebensgeschichte und ihren Ansichten zurück bekommt.
Auch um Mal meine Bedenken, bezüglich Dorm, des Diebstahls wegen, aus dem Weg zu räumen: Wer auch nicht die Zeugen Jehovas zu sich herein bittet und andere dubiose Personen erkennen kann, der weiß auch, wann er seine Wertsachen doch lieber sicher verschließt. (Gibt fast immer Möglichkeiten). Ansonsten verschließe ich immer nur mein Reisepass, etwas Bargeld und die Geldkarten. Das, was ich halt auf keinen Fall verlieren sollte. Ich habe aber auch ab und an mal vergessen etwas zu verschließen und Potte wie Geldbündel lagen offensichtlich auf meinem Bett herum - es hat noch nie etwas gefehlt. Auch bei anderen Reisenden sehe ich Laptops, iPhones und Tablets besitzerlos herumliegen und an der Ladestation. Man muss es natürlich nicht übertreiben und all sein Hab und Gut immer und überall Preisgeben, aber ich behaupte mal in 99% der Fälle passiert nichts. Das liegt zum einen daran, dass alle, die sich in dem Raum befinden das gleiche Ziel haben: Reisen und einen klitzekleinen neuen Teil Erde sehen. Da kommt man gar nicht auf die Idee zu klauen, sondern tauscht sich über Dies und Jenes aus, was man sich auf jeden Fall mal jn der Gegend angucken sollte. Danach geht man zusammen ein paar Bier kippen, eine Tüte rauchen oder spielt Karten, was weiß ich.. Zum anderen liegt das auch daran, dass wir Deutsche sind. Und unser angelerntes Sicherheitsdenken ist im Vergleich zu anderen Völkern wirklich unbeschreiblich groß. Eltern und Lehrer, Autoritäten, welcher Art aúch immer, haben ganze Arbeit geleistet. Und das sorgt halt für diesen überdimensional großen Stock in unserem Arsch, durch den wir uns erst überhaupt solche absurden Fragen stellen, wer uns wann beklauen könnte und wann der nächste Straßenjunge uns seine Knarre in den Mund steckt.


Der einzig negative Aspekt des Reisens für mich persönlich ist, den ganzen lieben und wundervollen Leuten, denen man begegnet, gefühlt nur "Hallo und Tschüß" zu sagen. 3 Tage oder 1 Woche, das geht sooo schnell rum. Umso korrekter die Menschen, desto schneller vergeht die Zeit.

Ob ihrs glaubt oder nicht. Die nervigsten Erfahrungen habe ich wirklich mit anderen Deutschen gemacht. Das geht sogar soweit, dass ich manchmal das Weite suche oder Gespräche meide, wenn ich schon Deutsch höre. Da wäre zum einen Stuttgart-Steffi, die sich in La Paz von einem der Australier dauernd durchnudeln lassen hat, ohne zu merken, dass Sie immer das 5te Rad am Wagen war. Sie war auf der Suche nach endloser Aufmerksamkeit und ging uns irgendwann auf den Sack. 
Wuppertal-Thomas war auch nicht schlecht. Er reiste grad mal 4 Wochen und als ich ihn auf Deutsch anredete, sprach er mit Akzent und meinte ernsthaft, er habe seine Fähigkeit Deutsch zu sprechen verloren. Nach 4 Wochen Spanglisch.. Thomas, ich bitte Dich.
Die beste war eine Anfang 20-Jährige, deren Namen ich mir gar nicht erst gemerkt habe. Sie wollte einen Affen fotografieren, der angebunden war. Die Hausfrau meinte noch: "Passt auf Sonnenbrille und Kamera auf, der klaut gerne mal." Für Facebook musste es natürlich wieder DAS Foto sein. Und schon hatte der Affe die Kamera. Irgendwann gab er Sie wieder frei. Keine 2 Minuten später, gleiches Mädel. Foto hier, Foto da und diesmal ging der Affe ihr direkt an die Haare -  und lies nicht mehr los. Ich musste übelst feiern. Die Hausfrau ging dazwischen, aber wir Deutschen sind ja hartnäckig. Ein weiterer Fotosessionversuch erfolgte. Diesmal zog ihr das Äffchen den Slip lang. Richtig schön durch die Kimme. Danach verpisste ich mich.

Am meisten treffe ich hier unten Australier, Amerikaner und Schweizer. Halt die, die viel Geld haben. Dann kommen schon wir Deutschen. Und halten uns mit Engländern, Kanadiern und Schweden zu gleichen Anteilen hier auf.

Australier unterscheiden sich meiner Meinung nach von allen anderen Nationen dadurch, dass sie eine sehr sorglose Art und Weise an sich haben. Das kann gut und schlecht zu gleich sein. Am besten und interessantesten finde ich immer noch die Südamerikaner, die ihren eigenen Kontinent bereisen. Allerdings können die meist kaum Englisch und ich kaum Spanisch. Aber vielleicht macht es das ja auch aus. 

Kolumbianer. Sie sind mit Abstand die offensten und wärmsten von allen. Ich habe zwar erst 4 Kolumbianer und eine Kolumbianerin getroffen, aber mit allen bin super gut zurecht gekommen und es war mir manchmal schon unangenehm wie freundlich und herzlich sie sind. Am 11. Dezember werde ich ein zweites mal den Flieger besteigen und von Quito in Ecuador an die kolumbianische Karibikküste nach Cartagena fliegen. So hoch wie meine Erwartungen jetzt schon sind, können sie eigentlich nur noch enttäuscht werden.. Aber ich habe trotzdem ein sehr gutes Bauchgefühl und freue mich schon riesig auf Kolumbien und seine Landsleute ! :-D

Und eine Sache, die mir auch recht zeitig bei allen Südamerikanern aufgefallen ist:

Wir in Deutschland werden etwa so erzogen: Wenn jemand Fremdes auf Dich zu kommt und dann auch noch nett und gut zu Dir ist, sei misstrauisch und passe gut auf ! Der kann doch nie und nimmer einfach so freundlich sein, ohne etwas von Dir zu wollen.. Also Vorsicht !
In Südamerika ticken die Menschen etwas anders: Sei zu alles und jedem freundlich und aufgeschlossen BIS er Dir das Gegenteil beweist. Dann kannst Du immer noch misstrauisch sein. 

Das äußert sich auch wieder in vielen alltäglichen Situationen. Zum Beispiel das Warten auf dem Bus oder die U-Bahn. Sagen wir mal 5 Leute warten 5 Minuten lang. In Deutschland würde einer Mucke im Ohr haben, 2 würden auf dem iPhone Tagträumen und ihre Umwelt gar nicht erst wahrnehmen, und 2 würden mit dem Gesicht nach vorne/unten warten. Schön die Anonymität wahren und bloß nicht fragen, wie es denn dem Anderen so gehe, was er so mache oder wohin er einfach nur will. So läuft das aber hier mit den 5 Menschen ab. Deshalb ist hier auch keiner gestresst wenn der Bus mal nicht kommt und man halt noch mal ne Viertelstunde wartet. Aber 5 Südamerikaner würden sich definitiv niemals mehr als 1 Minute anschweigen. Nicht, wenn sie nicht taubstumm sind oder alle deutsche Pflegeeltern hatten. Sonst ist das unmöglich. 

Das finde ich sehr bewundernswert an Südamerika. Natürlich sollte man sich an gewisse Regeln halten und auch nicht Jedem blind Vertrauen. Dies gilt insbesondere für Hauptstädte. Es gibt viele Trickbetrüger, die labern und labern und machen einem schöne Augen und markieren den netten Mann und schon ist man seine Kamera los, ohne den Handgriff überhaupt gemerkt zu haben. Ich wurde erst heute auch wieder angesprochen, aber wenn man in Landesspache sagt, dass man sie nicht kann und auch kein Englisch, dann ist man sie sofort los. Oder gar nicht erst angucken und total ignorieren. Die rächen sich schon nicht, sondern suchen sich direkt das nächste potenzielle Opfer. Aber paranoid muss man auch nicht werden, viele wollen wirklich einfach nur wissen, wo man her kommt und was man hier macht.
Außerdem sollte man nicht gerade sein Geld in der Stadtlinie zählen oder in den dunkelsten Gassen besoffen und alleine herumkriechen. Aber wer auch in Deutschland soviel Grips hat und nicht gerade am 1. Mai in Kreuzberg nen Familienspaziergang plant, der sollte hier keine Probleme haben und sehr sehr nette Menschen kennen lernen.

Ein sehr besonderer Mensch, den ich auf meiner Reise kennen gelernt habe, ist Damir. Ich habe ihn schon ab und an mal erwähnt. Wir sind seit dem 13. Oktober von Salta, Nordargentinien, aus unterwegs gewesen. Wir haben die Berg- und Kakteenlandschaften von Tilcarra und Humahuaca gesehen. Wir waren 3 Tage in der Salzwüste von Uyuni. Wir aßen, feierten und tranken in Sucre und La Paz. Dort überlebten wir auch die Death Road. In Copacabana am Titicacasee hatten wir auch eine sehr schöne Zeit voller Sonne. Die Machu Picchu - Tour werde ich auch niemals vergessen. Darf ich auch nicht, weil meine Fotos davon leider im Arsch sind. Wir waren in Cusco und nun in Lima, wo wir einen krassen Abend im Casino hatten. So etwas schweißt sehr zusammen..
Heute Morgen trennten sich unsere Wege leider. Er ist nun für 2 Wochen in Buenos Aires, weil er Besuch bekommt, während ich weiter nach Norden reise.. Ich hätte vor meiner Reise niemals, nicht mal im Traum, daran gedacht, dass ich jemanden kennen lerne, den ich wirklich als einen sehr guten Freund betiteln würde. Obwohl ich nach nur 4 Stunden Schlaf und einer kurzen Verabschiedung weiter hätte schlafen können, schossen mir viele Erinnerungen des letzten Monats durch den Kopf. Ich konnte erst eine Stunde und ein paar Tränen später wieder Einschlafen. Danke für Alles, ich hoffe wir sehen uns nochmal In Ecuador wieder..


Hach, hat das mal Spaß gemacht, sich nicht stur erinnern zu müssen für einen Bericht, sondern einfach los zu tippen. Normalerweise liegen zwischen aktuellen Moment und aktuellem Bericht immer ein oder zwei Stationen. Dann muss ich mir erst mal wieder alle Bilder anschauen und gucken, dass ich wenigstens die schönsten und wichtigsten Gedanken wieder herstellen kann. Mit den Bildern, hat das hier wirklich keinen Sinn. Sorry Leute, ich kotze selber ab. Dennoch hab ich immer meine Liste von Bildern parat, die ich Hochladen will, damit ich bei Gelegenheit nicht auch noch Sortieren muss. Bis bald meine Freunde ! ;-)

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