Dienstag, 12. November 2013

La Paz

Am Mittwoch, den Tag vor Helloween, kamen wir in La Paz an. Da wir uns in Sucre eine verhaeltnissmaessig ruhigere Zeit goennten, stand mal wieder ein wenig Adrenalin und Aktion auf dem Programm. Wir Menschen koennen einfach nicht Nichts tuen. Ich beweise mir das grade selber. Ich habe unbegrenzt Zeit, sowie, fuer suedamerikanische Verhaeltnisse, auch Geld zur Verfuegung. Ich kann den ganzen lieben langen Tag gar Nichts machen, wenn mir danach waere. Ist es mir aber nicht. Wir haben einen natuerlichen inneren Trieb und wollen Erfahrungen sammeln. 
Und damit dieser Aspekt auch nicht zu kurz kommt haben wir uns fuer unsere 5 Tage in Boliviens Haupstadt auch jeden Tag etwas vorgenommen. Fuer den ersten Tag nahmen wir an einer kostenfreien Stadtfuehrung teil. Die war echt sauber, nicht zu viel Gelaber, nicht zuviel Rumgegurke und mit 2,5 Stunden genau richtig getimed. Wir erfuhren auch hier als erstes vieles ueber das guenstige Essen. Und das dies ein Grund dafuer ist, micht eine Fastfoodkette in La Paz zu finden. 

Gestartet haben wir die Fuehrund am San Pedro - Gefaengniss. Das ist einer der haertesten Knasts in ganz Suedamerika. Ausgelegt fuer etwa 500 Insassem. Zurzeit beinhaltet er etwa 2500 !! Bis 2003 konnte man den Knast auch besuchen und dort eine Nacht verbringen. Aber dann fanden die Behoerden Folgendes heraus: Die ganzen, meist jungen, Touris, wollten nicht das Leben im Knast bestaunen oder sonst welche kulturellen Sachen darin besichtigen.. Sie kauften sich dort allesamt Ihr Kokain ! Daraufhin wurde diese Fuehrung geschlossen. In diesem Gefaengnis gibt es eine 5-Klassen-Gesellschaft. Es gibt Restaurants, verschiedene Zellen, Drogen werden teilweise dort hergestellt... Man muss alles mit Geld bezahlen, auch sein Essen. Man kann in einer reudigen 12 Mann-Zelle landen oder eine Einzelzelle mit Flatscreen haben. Alles eine Frage des Geldes. Es geht sogar soweit, dass dort die Familienmitglieder der Haeftlinge mitwohnen, weil die Miete im Knast guenstiger ist, als in der Stadt..
 Wer interessiert ist, kauft sich das Buch "MarchingPowder". Es handelt von besagtem Gefaengniss, mein Reisepartner Damir liest es gerade, zwar auf Englisch, aber es ist verstaendlich und spannend. Es gibt sicher auch eine deutsche Variante.

Ein weiteres Problem, neben Kokain, in La Paz ist der Organhandel. Oft sind es unter 18-Jaehrige, die Touris verschleppen. Es gibt eine Ecke in La Paz, die fast nur aus Wald besteht. Dort treffen sich Junkies und dort werden auch "Organspender" hinverschleppt. Dazu muss es noch genuegend korrupte Aerzte geben, die den Handel unterstuetzen. Zum Glueck ist La Paz sooo gross und schoen, dass man davon nichts mitbekommt, wenn man nicht in den letzten Ecken rumkriecht.

Nach der Tour buchten fuer den darauffolgenden Tag eine Tour. Wir wollten die "Death Road" mit Mountainbike befahren. Die Tour kostete etwa 50 Euro und man war den ganzen Tag unterwegs. Wir gingen zeitig ins Bett, weil wir naechsten Tag schon um 6 Uhr aufstehen mussten. Dann holte uns Franco, unser Tourguide, vom Hotel ab. Ausser Damir und mir waren noch Elliot aus England und Oli aus der Schgweiz mit am Start. Ziemlich ungewoehnlich, solch  eine kleine Truppe. Normalerweise finden in solchen Touren immer zwischen 8 und 20 Leuten Platz. Aber das war auch ganz gut, so mussten wir zwischen den Checkpoints nie auf langsame, meiste weibliche, Fahrer warten. 
Die Death Road befindet sich im Umland von La Paz, mitten in den Bergen, wie auch die Hauptstadt selbst. Die Haenge gehen wie in Zeichentrickcartoons wirklich im 90-Grad-Winkel bergab. Man wuerde also nichts hoeren, ausser dem 600m tieferen Aufprall, wenn jemand abstuerzt. Laut Tourguide macht auch heute die Strasse ihrem Namen noch alle Ehre. Erst vor 2 Monaten soll der letzte Touri gestorben sein. Meist ist die Todesursache jedoch kein Unfall und damit verbundener Sturz in die Tiefe. Es sind uebereifrige, sensationsgeile Touris, die unbedingt DAS Foto schiessen wollen und ihre Grenzen ueberschaetzen. Die Tour geht ausschiesslich Downhill, also man muss eigentlich nur bremsen. Das wird nach 3 bis 4 Stunden auch ganz schoen anstrengend. Der Schweizer hatte sogar Blasen bekommen.
Einmal hab auch ich mich etwas ueberschaetzt und etwas zu spaet gebremst. Da musste ich echt erstmal ne halbe Minute inne halten. Aber das Spiel mit dem eigenem Leben ist immer noch das Beste und Geilste ! :-D

Nach der Tour kamen wir in einem kleinen Dorf ganz unten an. Wir fuhren von 4700m Hoehe runter auf 1100m. Dort war es seher warm. Zum Glueck hatte das Restaurant, in dem wir lecker assen, auch einen fetten Pool. Und dadurch, dass wir nur zu 4t waren lagen wir mehr als gut in der Zeit.

Gegen 17.30 Uhr waren wir schon zurueck im Hostel. Auch dazu ein paar Worte: Wir naechtigten dieses Mal in einer Hotelkette namens Loki. Jeder Suedamerikareisende wird davon schon gehoert haben.  Loki-Hosatels sind fuer exzessive Parties bekannt - und genau das haben wir nach Sucre gebraucht. Wir stiegen in nem 10-Bett-Zimmer ab. Spaeter erfuhren wir sogar von 18ern. 
5 Australier und 2 Maedels aus Chile waren unsere Zimmergenossen. Die Australier waren cool drauf, allerdings gingen sie uns manchmal tierisch auf den Sack, da sie die Zeit in der wir mit Ihnen das Zimmer teilten durchgaengig auf Kokain waren. Egal zu welcher Tages- oder Nachtzeit, das weisse Gold lag immer auf irgend einem Tablet oder Laptop verteilt. Brad, mit dem ich besonders gut auskam hat die ersten 3 Tage gar nicht geschlafen, dafuer die letzten beiden fast am Stueck. Rick hatte strahlend blaue Augen, die durch seine Traenensaecke aber nicht immer zur Geltung kamen. Dafuer hatte eine unverwechselbare Mimik und Gestik drauf, dass man nur feiern musste. Die Chilis hiessen Natalia und Francesca. Sie halfen nach der Death Road Tour aus mit Kostuemen. Wir hatten ganz vergessen, dass Helloweenabend ist. Damir ging als Minimaus und ich als Hure. Die Party an sich war der Hammer. Das ganze Hostel war an der Bar, ich lernte an nur einem Abend Unmengen Leute aus aller Welt kennen. Zwischendurch verschwand ich ins Zimmer, das war manchmal einfach zu viel. Als die Australier auch einmal dazu stossen, genehmigte ich mir auch eine Nase, schliesslich stellte ich meinen Laptop zur Verfuegung. 
Die Leute tanzten auf der Bar und es gab guenstig Alkohol. Irgendwann frueh um 4 oder 5 rauchte ich mit Brad noch eine Tuete am Fenster und dann ging ich schlafen. 
Am naechsten Tag waren Damir und ich so froh gewesen bereits die Death Road gefahren zu haben. Irgendiwe wussten wir beide jetzt schon, in diesem Hostel, mit diesen ganzen feiertuechtigen Leuten um uns herum, wird nicht mehr viel mit Tagesausfluegen. Zumindest nicht, wenn sie mit koerperlicher Anstrengung verbunden sind. Im Prinzip liefen die Tage in La Paz folgendermassen ab:
Um 8 oder 9 wach werden, eine Stunde spaeter aufstehen, fruehstuecken und duschen. Dann in die Stadt gehen, auf ner Palza chillen oder sich sonst was angucken. Auch hier gab es wieder die leckeren und superguenstigen Comidas und Fruchtsaftstaende, wie in Sucre. Da waren wir meist um 13 oder 14 Uhr. Noch etwas durchgepeitscht von der jeweiligen Vornacht, sprach die Muedigkeit und der Restalkohol aus uns, sodass wir meist tagsueber nur Scheisse quatschten und feierten:
"Alter, Reisen ist sooo hart. Meine ganzen faulen Freunde, fluechten sich in ihre 8 Stunden Arbeit, waehrend wir die Welt erkunden, Lebensansichten von Menschen aus aller Welt aufsaugen und abends hart Feiern muessen... Das Leben ist so ungerecht..." :-D
So und so aehnlich ging es oft. Wir lachten viel zusammen und mit Menschen, die wir kennen lernten. Aber wir unterhielten uns auch ueber Gott und die Welt. Welche Fehler man in der Vergangeheit gemacht hat. Wie einen, die Reise und die Erfahrungen veraendert. Frauen. Freunde und Familie. Saufgeschichten. Fussball. Halt solche Sachen. Damir und ich wurden echte Freunde und ich werde ihn auf jeden Fall in Bonn besuchen fahren. Was wir in den, zu diesem Zeitpunkt, letzten 2 einhalb Wochen schon gesehen und erlebt haben, ist unglaublich.

Abends gings dann wieder auf Party. Wir gingen einmal im Nachbarhostel ein paar Strassen weiter feten und wen treffe ich da mit dem 6ten Bier in der Hand an der Theke sitzend? Karl, den Deutsch-Schweden aus Iguazu ! Wir gaben uns auch an diesem Abend hart die Kante. 
Am Samstag in der Fussgaengerzone wurden wir von nem Einheimischen angequatscht: "Die erste weltweite offizielle Kokainbar. Ist sicher meine Freunde!"
Abend im Hostel bei den ersten paar Bier merkten wir, dass wir nich die Einzigen waren, die diese Einladung bekamen. Ich ging zwar nicht hin, aber die Australier natuerlich. Und es stimmte. Es war zwar inoffiziell, aber man konnte wirklich Kokain auf Spiegeln und Glasplatten bestellen. Zum Beispiel: "Ich haette gern 1 Gramm auf 6 Lines bitte." Soll wohl sonst ganz normal mit Drinks und Lifemusik gewesen sein und halt Kokain. 
Am Sonntag fuhren wir zum Cholitas-Wrestling. Das sind einheimische bolivische Frauen, die halt gegeneinander kaempfen. Ist natuerlich nur Fake, wie beim amerikanischen Wrestling auch. Aber es war lustig und die Ladies hatten gute Moves drauf. Auch das Publikum wurde gut mit eingespannt. So landete ein Wrestler auch schon mal in der Menge, beziehungsweise die Kaempfer und Kaemferinnen bedienten sich der Gertaenke aus dem Publikum. Auf jeden Fall tolle Show. Die "Arena" war auf einem der hoechsten Punkte in La Paz. Rueckzu war es schon sehr dunkel und es war einer der schoensten Skylines, die ich je in meinem Leben gesehen habe. La Paz liegt quasi in einem Tal, aber die Einwohner strotzen den Bergen und bauen einfach weiter. Das gibt einen richtig leuchtenden Wok-Tiegel im Dunkeln.

Am Montag morgen ging es weiter zum Titicacasee nach Copacabana. Nicht zuverwechseln mit der "Echten" in Rio de Janeiro. Aber so hiess der naechste Ort nun Mal. :-D

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